Schlagwörter
anbieten, Andreas Schulz, darstellen, Inforadio, Mittelbrandenburgische Sparkasse, nicht alles darstellen, RBB, vis-à-vis
Vorgestern beim Informationsabend über die gymnasiale Oberstufe antwortete die Pädagogische Koordinatorin auf die Frage, warum im Europazweig nur Biologie als Leistungskurs auf englisch angeboten wird, nicht aber Physik, Chemie oder Geographie, daß eine Schule mit weniger als 900 Schülern nicht alle Fächerkombinationen darstellen könne.
Ich stutzte über die Verwendung des Wortes „darstellen“ – ich hätte „anbieten“ gesagt. Prompt hörte ich das Wort aber in derselben Bedeutung gestern in der Inforadio-Sendung Vis-a-vis in einem Gespräch von André Tonn mit dem Vorstandsvorsitzenden der Mittelbrandenburgischen Sparkasse, Andreas Schulz. Hier der transkribierte Auszug im Zusammenhang:
AS: „Wir sehen in der Niedrigzinsphase auch eine Riesenberatungschance, mit Kunden ins Gespräch zu kommen, welche Anlagealternativen werden gesucht, wie ist ihre Ausgangssituation, welche Ziele verfolgen sie in ihrer Anlagepolitik, um dann eben gezielt zu gucken, welche Vermögensbeimischungen sind sinnvoll? Einlagen auf der einen Seite, aber eben auch Wertpapiere, Aktien, Sachwerte können da sinnvoll sein.“
AT: „Also auch eigene Produkte, die Sie erstellen, nicht irgendwelche Fremdprodukte?“
AS: „Nein, wir bedienen uns da durchaus natürlich auch Fremdprodukten, das können wir selbst als große Sparkasse nicht alles darstellen, und wir schauen dann eben und wählen für unsere Kunden gezielt gute Produkte aus, die wir dann reinen Gewissens auch empfehlen können unseren Kunden.“
Ich meine, mich zu erinnern, das Wort letzte Woche schon gehört oder gelesen zu haben, wiederum im Sinne von „anbieten“, und wieder negativ („wir können nicht alles darstellen“). Ich wüßte gerne, was dahintersteckt, ob überhaupt etwas dahintersteckt, oder ob es nur ein Versprecher war, der jetzt so lange wiederholt wird, bis alle denken, das sei modernes Deutsch.
Wer weitere Beispiele beisteuern kann, sei hiermit herzlich gebeten, dies zu tun.
Ich schätze ein Inversangliizismus: To present, etwas präsentieren, etwas darstellen, etwas anbieten, eine Powerpointpräsentation, eine Kraftpunktdarstellung.
Inversanglizismus! O mein Gott! Davon hatten wir schon ein paar, und es hat immer ein böses Ende genommen.
Eine kurze Internetrecherche zeigte keine Treffer in dem von dir zitierten Wortsinn. Da scheint sich eine neue Sprachmode anzukündigen, eine Bedeutungserweiterung von „darstellen.“ Zumindest derzeit wirkt „darstellen“ im Sinn von „anbieten“ wie Wortgeklingel.
Ja, eine Bedeutungserweiterung von „darstellen“, aber eine Bedeutungserweiterung, deren es gar nicht bedarf, denn wir haben ja schon das Wort „anbieten“, um auszudrücken, was gemeint ist. Also Wortgeklingel. Mal sehn, ob es in einem Jahr vergessen oder allgemeiner Sprachgebrauch ist.
Diese Bedeutungserweiterung ist wunderbar selbstentlarvend – wie vilmoskörte auch sagt, und passt haargenau In eine Welt, in der die Darstellung wichtiger ist als die inhaltliche Substanz.
Bussinesskasperdeutsch. Diese MBAs machen nichts Richtiges mehr, sie stellen es nur noch dar. Insofern ist diese Verwendung von Darstellen doch fast schon wieder entlarvend.
„Businesskasperdeutsch“ – so ein ähnliches Wort, auch von Dir, wollte ich doch als neue Kategorie erstellen. Ich muß nochmal suchen …
Ich hab’s gefunden: Bullshit-Bingo. Das war im Zusammenhang mit „erneuerbarer Zukunft“ und „ganz stark stärken“:
https://textundsinn.wordpress.com/2015/11/16/erneuerbare-zukunft/
Hier paßt, finde ich, das Wort „Businesskasperdeutsch“ besser.
Oft eine Krücke der Erleuchtung: Google NGram , aber dieser Begriff lässt sich in der speziellen Bedeutung schlecht abgrenzen – die Zunahme könnte auch auf die vermehrte Verwendung von ‚dieses Display kann zigtillionen Pixel darstellen‘ zurückzuführen sein.
Herr Scholten von Belles Lettres nennt diese Sprache Schnöseldeutsch, Powerdeutsch und Zombiedeutsch.
Danke für diese Krücke – kannte ich gar nicht. Wenn man „nicht alles darstellen“ oder „nicht alle darstellen“ eingibt, stellt sich übrigens ein völlig anderes Bild dar.
Von Personalern höre ich das Wort seit einiger Zeit häufiger. Ist so eine typische Worthülse. Ich nenne das immer Plastiksprache. Mit den üblichen Phrasen kann man ganze Gespräche führen, ohne eine einzige Information auszutauschen. Manchmal kommt mir das wie ein Ritual vor. Es ist aber ziemlich langweilig, wenn man es öfter erlebt.
Benutzen die Personaler das Wort denn eher positiv (sie können viel darstellen) oder eher negativ (sie können nicht alles darstellen)?