Schlagwörter
Ausstellung, Erzbistum Berlin, Hashtag, Here I stand, Herelstand, Hier stehe ich, Kathedralforum, Martin Luther, Memelstrand, Plakat, Reformation, Reformationsjubiläum, Schlagwort, St. Hedwigskathedrale
Als ich vorgestern an der St. Hedwigskathedrale vorbeikam, war ich nicht wenig überrascht, vor dem Kathedralforum ein Plakat und in der Auslage Prospekte zu sehen, die auf eine Ausstellung zu Martin Luther aufmerksam machen:
Eine Luther-Ausstellung bei den Katholiken – das ist sicher nicht uninteressant. Aber was sollte der Titel bedeuten, Herelstand?
Ja, ich kann englisch.
Ja, ich weiß auch, daß wir mitten in Berlin von transatlantischem Kauderwelsch umfangen und nirgends vor ihm sicher sind.
Und ja, ich kenne meinen Luther.
Dreimal ja. Trotzdem bin ich reingefallen. Ich habe nämlich He-rel-stand gelesen, als wäre es ein deutsches Wort, das sich auf Memelstrand reimt. Here I stand hätte ich natürlich verstanden, aber die Wörter sind ja zusammengeschrieben, das große I sieht aus wie ein kleines l. Erst beim Näherkommen und richtigen Lesen kann man das erkennen.
An Aufschriften wie „Backshop“, „Flying Fisch“, „Flower Factory“ etc. im Berliner Straßenbild habe ich mich gewöhnt. Aber daß eine (internationale) Ausstellung über Martin Luther, der die Bibel ins Deutsche übersetzt hat, dessen Verdienste um die deutsche Sprache kaum überschätzt werden können und dessen Satz „Hier stehe ich und kann nicht anders“ längst zum geflügelten deutschen Wort geworden ist, auch in Deutschland mit der englischen Übersetzung ebendieses Wortes beworben wird, läßt mich ratlos.
Muß alles auf Teufel komm raus zum Hashtag, zum Schlagwort werden?
ups, no #cat tag! ;-)
In der Mundart Sachsen-Anhalts werden Endsilben oft verschluckt. Der Hinweis auf einen Heringstand vor der Kathedrale bleibt so dem Sprachunkundigen völlig verborgen.
Der Hashtag mit dem groß geschriebenen Binnen-I ist hier völlig irreführend. Aber auch der Text unter dem Bild scheint mir sehr fragwürdig – qua Form und Inhalt.
Muß alles auf Teufel komm raus zum Hashtag, zum Schlagwort werden?
Einmal mit dem #Tintenfaß schmeißen, dann gibt sich das?
Wahrscheinlich hinke ich dem Zeitgeist hinterher, aber ich halte es nicht für einen Makel, nicht zu twittern, erst recht nicht, seit Donald Trump mittels Twitter-Nachrichten meint, die Welt regieren zu können.
Einfach gruselig. Aber doch schon so gruselig, dass es wieder witzig ist.
Und ja – den Back-Shop kenne ich auch. Da mein Hirn e i n Wort gerne immer nur e i n e r Sprache zuordnen möchte, erkenne ich da lediglich eine Hinterhof-Kaschemme, in der ich niemals Brötchen kaufen würde.